2016
Sie hat gezeigt, was technisch prinzipiell schon möglich ist: Als „Bertha“, wie das Forschungsfahrzeug S 500 INTELLIGENT DRIVE intern genannt wurde, im Herbst 2013 autonom die historische Route von Mannheim nach Pforzheim zurücklegte, erbrachte sie den Beweis dafür, dass selbstfahrende Autos keine Science Fiction mehr sind. Mit der weltweit ersten selbstständigen Fahrt durch den ganz normalen Überland- und Stadtverkehr gelang ihr – wie ihrer Namensgeberin 125 Jahre zuvor – eine Pionierleistung. Dass „Bertha“ nun ihren verdienten Ehrenplatz im Mercedes-Benz Museum ansteuern durfte zeigt, wie schnell die Technologie des autonomen Fahrens fortschreitet. Seit dem 26. Juli ist sie im Atrium (Eingangshalle) ausgestellt und kann dort von Besuchern bis zum 25. September bestaunt werden.
Das Fahrzeug war 2013 mit seriennaher Technik und reichlich Rechnerleistung unterwegs und brachte den Entwicklern bei Mercedes-Benz wertvolle Erkenntnisse, auf deren Grundlage mit der neuen E-Klasse ein neuer Meilenstein erreicht wurde.
„Die Summe an Technologien zur Vernetzung von modernsten Assistenzsystemen macht die E-Klasse zur intelligentesten Limousine ihrer Klasse – zum Digital Native“, erklärt Prof. Dr. Thomas Weber, Mitglied des Vorstands der Daimler AG, verantwortlich für Konzernforschung & Mercedes-Benz Cars Entwicklung.
In Nevada war Anfang des Jahres die hoch-automatisierte Serien-E-Klasse mit einer Test-Lizenz zum autonomen Fahren unterwegs. Im normalen Straßenverkehr darf sie trotz innovativer Funktionen wie dem DRIVE PILOT und dem Aktiven Brems-Assistenten mit Kreuzungsfunktion und Fußgängererkennung noch nicht ganz von der Leine. Was gibt es noch zu tun? Die Vernetzung der Sensoren muss noch weiter optimiert werden und auch die Sensoren selbst haben noch Potenzial. So gibt es heute noch große Wetterabhängigkeiten in der Sensorik: Starker Regen, Schneefall und ihre damit einhergehende Verschmutzung stellen eine große Herausforderung dar.
„Ein weiteres Problem sind kurioserweise Ampeln, die uns als Menschen ja eher selten Schwierigkeiten machen.“ , erklärt Prof. Dr. Ralf G. Herrtwich, Leiter Fahrzeugautomatisierung und Fahrwerksysteme bei Mercedes-Benz. Wenn an einer Kreuzung viele Ampeln stehen, liegt die Herausforderung darin, die Ampel zu erkennen, die für das Fahrzeug relevant ist. Dazu müssen auch Pfeile erfasst werden, die aus gewisser Entfernung nur wenige Pixel groß sind. Hinzu kommt häufig Gegenlicht. „Da befinden wir uns gerade am technischen Rand der Erfassungsleistung aktueller Sensoren“, ergänzt Herrtwich.
Ein weiterer Fokus liegt auf einer noch exakteren Umwelterkennung durch besseres Bildverstehen. „Mithilfe von Deep-Learning-Methoden hat sich die Art und Weise, wie Fahrzeuge ihre Umgebung klassifizieren, deutlich verbessert“, so Herrtwich. Sogenannte Deep-Learning-Computer deuten Bilder nicht Pixel für Pixel, sondern ganzheitlich. Der Fahrzeugrechner muss nicht mehr auf jedes Detail trainiert werden. Er erkennt Hauptmerkmale und Ähnlichkeiten von Bildern und ist in der Lage, typische Strukturen von Straßenszenen einer Stadt zu interpretieren und auf jene einer anderen Stadt zu übertragen.
Die Weiterentwicklung der Fahrzeugsensorik für die noch bessere Umgebungserkennung sowie die noch umfassendere Vernetzung von Fahrzeugen untereinander und mit der Infrastruktur, sind Bausteine auf dem Weg, Autos immer intelligenter zu machen. Das Ziel ist, den Fahrer weiter zu entlasten, indem das Fahrzeug in stressigen Situationen autonom agieren kann. Die letzte Verantwortung bleibt aber nach wie vor beim Menschen. Er hat jederzeit die Möglichkeit einzugreifen. Mit der Einbindung von Deep-Learning-Methoden verfolgen die Entwickler ein revolutionäres Ziel: die Entwicklung von komplett fahrerlosen Fahrzeugen.
Ein Pilotprojekt dazu haben Bosch, car2go und Daimler im vergangenen Jahr gestartet: das automatisierte Parken im Parkhaus. Mit dem Smartphone wird über car2go ein Fahrzeug gebucht. Sobald der Nutzer in der Pick-up-Zone des Parkhauses bereit steht, fährt das Auto selbständig vor und die Fahrt kann beginnen. Die Rückgabe erfolgt genauso bequem. Der Kunde stellt das Fahrzeug in der Drop-Zone ab und gibt per Smartphone das Fahrzeug wieder zurück. Vom intelligenten Parkhaussystem erfasst, wird das Auto gestartet und zu einem zugewiesenen Parkplatz geführt.
Daraus ergibt sich im nächsten Schritt die Idee, dass Car-Sharing-Angebote generell kundenfreundlicher würden, müssten Kunden ihr Fahrzeug nicht holen, sondern es käme selbständig zu ihnen. Ein durchaus realistisches Szenario, an dessen Umsetzung die Daimler AG gemeinsam mit Partnern intensiv arbeitet.
Fotos: Daimler AG
Geschrieben von Maik Jürß
Erschienen am Montag, den 08. August 2016 um 00:05 Uhr | 4.133 Besuche
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