2011
Nachdem im letzten Jahr das [intlink id=“2970″ type=“post“]Familienschiff [/intlink]gefunden war und dieses auch „par excellence“ seinen Dienst verrichtet, stand dieses Jahr nun die Suche nach einem Zweitwagen auf dem Programm. Nicht zuletzt durch den Familienzuwachs ist ein zweites Gefährt nötig – aber dadurch ist das vorhandene Budget für den Autokauf auch stark geschrumpft, so dass hier erstmal eine kurz- bis mittelfristige Lösung gefunden werden musste. Sicher und günstig – naja, das sind leider zwei Eigenschaften, die sich immer noch gegenseitig ausschließen. Nach Beobachtung des Marktes – auch über die Grenzen von Stuttgart hinaus – hat uns dann aber doch wieder zum Stern zurückgeführt, genauer gesagt nach Rastatt.
Die erste Generation der A-Klasse, intern W168 genannt, war zu ihrer Zeit eine Revolution in Sachen Sicherheit im Kleinwagenmarkt. Selbst heute ist der Ur-Elch in Sachen Sicherheit noch vielen „modernen“ Kleinwagen, vor allem aus dem asiatischen oder osteuropäischen Raum, haushoch überlegen. Das Sandwich-Konzept, serienmäßiges ESP (auch wenn das nicht von Anfang an so geplant war …), seine umfangreiche Sicherheitsaussattung und seine sehr übersichtliche Karosserie mach(t)en den W168 zu einem absolut sicheren und praktischen Kleinwagen. Wenn da nicht …
Ja, wenn da nicht die Qualitätsprobleme der ersten Generation wären. Vor allem bei Modellen vor der großen Modellpflege im Sommer 2001 treten gern und häufig Rostprobleme auf und die Wertanmutung im Innenraum war eher pfui als hui. Der erste Schritt zur Besserung erfolgte mit einem kleinen „Mopf“ im Frühjahr 1999, die vor allem dem Interieur zu Gute kam. Aber auch das Rostproblem wurde sukzessive „optimiert“, wenn auch bis zum Produkionsende der ersten A-Klasse 2004 nicht ganz ausgeräumt. Kurzum sollte man vor allem von Modellen vor Mai 1999 abraten – unsere Suche beschränkte sich daher auf den Zeitraum 2000 bis 2001. Modelle nach der Modellpflege sind auf dem aktuellen Gebrauchtwagenmarkt noch erheblich teurer als vergleichbarer Pre-Mopf-Modelle.
Anfangs träumte ich von einem Kaufpreis von 3000 EUR, wurde aber schnell auf den Boden der Tatsachen geholt: Zwar findet man bei mobile.de und co. zahlreiche Angebote (vor allem von Händlern mit orientalisch klingenen Namen) im Bereich um 3000 EUR, aber bei einer Vor-Ort-Betrachtung stellt man schnell fest, dass man wieder mal seine Zeit vergeudet hat und man sich eine Probefahrt getrost sparen kann – nicht zuletzt durch die Angst, das Auto überhaupt in einem Stück vom Hof zu bekommen: Billig zusammengeflickte Unfallschäden, versiffte Innenräume und blühende Rostlandschaften, wo eigentlich gar nichts ist, was rosten kann …
Ok, dann muss man wohl doch 4000 EUR in die Hand nehmen, dann möchte man aber auch schon etwas mehr Ausstattung haben: Ein ELEGANCE oder AVANTGARDE soll es dann schon sein, Automatik ist eh Pflicht, Klimaanlage eigentlich auch und das geniale Lamellendach wäre auch schick. Unsere Suche beschränkte sich zuerst auf einen Selbstzünder – hier kommt eigentlich nur der A 170 CDI in Frage. Leider gibt es da einen weiteren Punkt, den man bei der Detailsuche in den Gebrauchtwagenportalen anklicken muss: die grüne Feinstaubplakette. Denn ohne diese ist in Berlin seit 1.1. letzten Jahres am S-Bahn-Ring fahrtechnisch Schluss und eine Fahrt in die Innenstadt könnte teuer werden. Nun gibt es diese grüne Plakette für den A 170 CDI nur, wenn ein Dieselpartikelfilter nachgerüstet ist (ein nachträglicher Einbau ist kostentechnisch eher unsinnig). Tatsächlich findet man auch einige wenige CDIs mit grüner Plakette, aber meist haben die schon mehr Kilometer auf der Uhr, als ich mich in meinem bisherigen Leben – in welcher Form auch immer – fortbewegt habe. Dementsprechend zeigte sich auch der Gesamtzustand dieser Elche. Das Problem liegt auf der Hand: Freiwillig rüstet(e) den DPF niemand nach, so dass vor allem auf dem Lande keine „grünen“ A 170 CDI zu finden sind. Man muss also in den Regionen suchen, in denen die Fahrverbotszonen bereits bestehen und wo „gezwungenermaßen“ Fahrzeuge nachgerüstet wurden. Aber genau diese wurden eben dann auch viel bewegt.
Aufgrund dieser Tatsache ging dann die Suche in Richtung A 160. Hier war das Angebot entscheident größer und vielseitiger. Natürlich wäre ein Autokauf in Berlin oder naher Umgebung am idealsten, aber für DAS Angebot wäre ich auch weiter gefahren. Aber hier muss man dann schon den notwendigen Mehraufwand und die Mehrkosten berücksichtigen: Neben den Benzinkosten (Hinfahrt mit einem und Rückfahrt mit zwei Fahrzeugen) muss man einen Urlaubstag nehmen, da man am Wochenende keinen Händler antreffen wird und sich dazu noch vor Ort – wenn man dann das Auto tatsächlich kaufen möchte – ein Überführungskennzeichen besorgen muss (und wir kennen ja alle die benutzerfreundlichen Öffnungszeiten unserer deutschen Amtsstuben). Dazu benötigt man noch einen zweiten Fahrer …
Daher lag meine preisliche Obergrenze für lokale Angebote (also ohne Fernfahrtenzuschlag) auch etwas höher, für einen gut erhaltenen mit guter Ausstattung und Winterreifen wären 4500 EUR drin. Und am Ende fanden wir dann ein sehr gutes Angebot in Berlin: Einen A 160 ELEGANCE in mondsilber mit Automatik, Klima, Lamellendach und Sitzheizung, hinten mit herausnehmbaren und verschiebaren Einzelsitzen, dazu gabs noch einen Satz Winterreifen auf Stahlfelgen. Das Auto ist in einem guten Zustand, es gab einige, kleine Kampfspuren aus dem täglichen Straßenverkehr und auch Rost war nur an den obligatorischen Stellen zu finden, aber wirklich in geringen Maßen. Die Uhr stand bei knapp 105000 Kilometer, ein guter Stand bei einem Auto aus dem Sommer 2000. Mit dem Verkäufer wurden wir schnell warm und so war er mit 4500 EUR als Preis auch einverstanden – er wollte ursprünglich 4950 EUR Ablösesumme haben.
Warum heißt die A-Klasse denn nun eigentlich „Elch“ und was ist der „Elchtest“?
Drei Tage nach Markeinführung kam es bei einem Test der neuen A-Klasse, den eine schwedische Automobilzeitschrift in Auftrag gegeben hatte, zu einem spektakulären Unfall: Bei einem Spurwechsel-Fahrmanöver bei etwa 65 km/h, welches in Schweden bei Fahrzeugtests zu dieser Zeit üblich war, schaukelte sich die A-Klasse auf und landete auf dem Dach. Dieses Ausweichmanöver, bestehend aus einem doppelten Fahrspurwechsel hieß ab sofort nur noch „Elchtest“.
Die Ursachen für das Umkippen der A-Klasse waren aber schnell gefunden: Eine für dieses Fahrzeug falsche Bereifung (zu hohe und schwache Karkasse, durch die es zu starken Walgbewegungen kam, die fast ein Abrutschen des Reifens verursachten) sowie Fahrwerksschwächen am Testfahrzeug (zu weiche Feder-Dämpferkombination, die insbesondere mit den falschen Reifen zu einem Aufschaukeln führte) und der konzeptbedingt hohe Schwerpunkt der A-Klasse führten in dieser Kombination zu dem Unfall. Wieso das Testfahrzeug mit einer falschen Bereifung ausgestattet und warum das Fahrwerk bereits so ramponiert war, ist nicht bekannt. Mercedes-Benz muss sich hier aber dennoch vorwerfen lassen, in der Entwicklung und in den eigenen Tests diese Problemkonstellation nicht erkannt zu haben.
Der Hersteller reagierte aber sofort, schließlich wollte man selbst nachprüfen, was sich auf den sechs Millionen Testkilometern nicht ereignet hatte. Zu diesem Zweck wurde am 26. November eine zehnköpfige Arbeitsgruppe aufgestellt, die unter Leitung von Pkw-Vorstand Jürgen Hubbert intensiv an Problemlösungen arbeitet sollte. Drei Tage später präsentierte Mercedes ein Video, auf dem eine A-Klasse von TÜV-Prüfern gelenkt den „Elchtest“ mit 78 km/h erfolgreich und problemlos absolvierte. Doch das reichte den Stuttgartern nicht: Man beschloss, alle zukünftigen und bereits ausgelieferten Fahrzeuge mit dem elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP) auszurüsten.
Am 11. November wurde zusätzlich ein Produktionsstopp verhängt. Ziel war es, die Sicherheit der A-Klasse wirklich jedem aufzuzeigen und den drohenden bzw. im Gange befindlichen Imageverlust der Marke mit dem Stern einzudämmen. Vor und mit Automobilexperten und -journalisten wurden in mehreren Fahrtests und Workshops die Sicherheit des W168 demonstriert. Die Wiederaufnahme der Produktion erfolgte am 26. Februar 1998, gleichzeitig startete eine Werbekampagne unter dem Titel „Stark ist, wer keine Fehler macht. Stärker, wer aus seinen Fehlern lernt“.
Die Einführung des ESP war ein Meilenstein, gab es dieses System zur damaligen Zeit doch nur in großen und teuren Karossen, aber in keinem Kleinwagen. Die A-Klasse war zu ihrer Zeit das fahrstabilste Fahrzeug ihrer Klasse und nötigte die Mitbewerber, ebenfalls ihre Fahrzeuge mit ESP auszurüsten. Heute ist dieses System schon beinahe Standard in allen Fahrzeugklassen. Und daran dürfte die A-Klasse nicht ganz unschuldig sein. Diese Kippeleien des W168 waren – vor allem im Nachhinein – „mit Sicherheit“ die beste Werbekampagne, die Mercedes-Benz sich wünschen konnte: Die A-Klasse hat ihren Ruf, ein absolut sicherer (wenn nicht sogar der sicherste) Kleinwagen zu sein, wiederhergestellt und sogar ausgebaut. Vor allem auf dem Gebrauchtwagenmarkt erfreut sich der „Elch“ heute einer wachsenden Beliebtheit: Gute Angebote sind nur schwer zu finden und dann auch relativ schnell vergriffen.
Und wer ist nun Mr. Moose ??? Mr. Moose ist der Weihnachtselch aus der deutschen Filmkomödie „Es ist ein Elch entsprungen“ mit Mario Adorf und Armin Rohde aus dem Jahr 2005.
Geschrieben von Oliver Hartwich
Erschienen am Mittwoch, den 25. Mai 2011 um 10:05 Uhr | 11.267 Besuche
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