2016
Bertha Benz, die erste Automobilpionierin, wurde am 22. Juli in die Automotive Hall of Fame aufgenommen. Als visionäre Geschäftspartnerin ihres Ingenieursgatten Carl Benz, der 1984 in die Automotive Hall of Fame aufgenommen wurde, spielte Bertha Benz eine wichtige Rolle beim ersten Patentantrag für das Automobil im Jahr 1886 und dem Nachweis der Straßentauglichkeit der Erfindung ihres Ehepartners. Als Ergebnis war ihr der Platz in der Geschichte als erste Pionierin des Automobilbaus sicher.
Bertha Benz ermöglichte es ihrem Mann Carl Benz, sein eigenes Unternehmen zu führen und seiner Erfindung nachzugehen, indem sie ihm die notwendige finanzielle Basis bot. Sie investierte sowohl das Erbe ihrer Eltern als auch ihre Persönlichkeit, um den technologischen Durchbruch zu ermöglichen. Dazu gehörte auch ein hohes Maß an Verständnis und eine klare Vision für die Bedeutung der Arbeit ihres Mannes. Bertha Benz selbst wollte, dass diese Vision in die Praxis umgesetzt wird. Man kann sich leicht vorstellen, dass Bertha Benz eine sehr starke Persönlichkeit hatte und sicherlich nicht nur die “wichtige Frau im Hintergrund eines wichtigen Ehemannes” war. Bertha brachte Carl dazu, seinen Fähigkeiten zu vertrauen, um seine Vision zu realisieren, harte Zeiten zu überstehen und es immer wieder neu zu versuchen.
„Meine Urgroßmutter war sehr wichtig für mich. Ihre Rolle bei der Umsetzung der Erfindung ihres Mannes war stets ein wichtiges Thema in unserer Familie. Persönlich habe ich mich immer sehr bemüht zu verdeutlichen, dass es Bertha Benz bedurfte, um all dies zu ermöglichen“, sagte Jutta Benz, Urenkelin von Bertha und Carl Benz. „Wie es zur Rolle einer Ehefrau Ende des 19. Jahrhunderts gehörte, hatte sie sich auch um die Familie zu kümmern, fünf Kinder großzuziehen, den gesamten Haushalt zu erledigen, Kochen usw. Sie hat daher doppelt so viel erreicht wie ein Mann. Also, wenn ich so sagen darf, dann ist es Zeit, dass Bertha Benz in die Hall of Fame aufgenommen wird – 32 Jahre nach Carl und 130 Jahre nach ihren Leistungen. Für mich persönlich ist es eine große Genugtuung, dass meine Urgroßmutter jetzt geehrt wird.“
Bislang war Bertha Benz vor allem für ihre legendäre Rolle als erste Langstreckenfahrerin bekannt, als sie im August 1888 mit ihren Söhnen Richard und Eugen ohne das Wissen ihres Mannes von Mannheim nach Pforzheim fuhr. Was heute eine einstündige Fahrt ist (100 Kilometer), dauerte damals wesentlich länger.
Laut ihrer Urenkelin Jutta Benz war die Fahrt auch sehr mutig, da sie die Reise nicht vorbereitete, damit ihr Mann nichts davon merkte. Wenn ein Problem aufgetreten ist, hat sie es behoben. Sie hielt an einer Apotheke in Wiesloch, die zur ersten Tankstelle der Welt wurde, um “Ligroin” zu kaufen – ein Waschbenzin, mit dem ihr Fahrzeug lief. Einen weiteren Halt gab es bei einem Schuhmacher, der das Leder der Bremsbacke reparierte. Bertha Benz nutzte ihre Hutnadel, um eine verstopfte Kraftstoffleitung zu reinigen, und sie löste ein Problem an einem Zündkabel, indem sie ihr Strumpfband als Isolator einsetzte.
Das alles beweist, dass sie gewisse Kenntnisse von der Technologie hatte und wusste, wie der Patentmotorwagen betrieben wurde. Ihre Erkenntnisse halfen Carl Benz, das Fahrzeug weiter zu verbessern. Bertha war damit auch die erste Qualitätsmanagerin der Automobilindustrie. Mit ihrer Pionierreise wies sie die Eignung der Erfindung ihres Mannes für den täglichen Gebrauch nach.
Aber dies war nur der Anfang einer fortlaufenden Erfolgsgeschichte des Automobils. Die Reise bestätigte nicht nur die Arbeit von Carl Benz, sondern führte als Vertriebs- und Marketingaktivität dazu, dass der Benz Patentmotorwagen Erfolg auf dem Markt hatte.
„In den Folgejahren und mit neu entwickelten Produkten wurde Benz & Cie. um die Jahrhundertwende der weltweit führende Hersteller von Automobilen“, erklärte Christian Boucke, Leiter von Mercedes-Benz Classic. „Wir sind sehr stolz, dass Bertha Benz nun zusammen mit ihrem Mann Carl in der Automotive Hall of Fame ist – sie hat es wirklich verdient!“
Laut UNESCO (United Nations Educational, Scientific, and Cultural Organization) ist das Automobil-Patent von Carl Benz ein wichtiger Beitrag zum Weltkulturerbe. Es wurde daher im Mai 2011 offiziell in das UNESCO Memory of the World Register aufgenommen, was seine globale Bedeutung zeigt und den Ursprung der heutigen mobilen Gesellschaft symbolisiert.
Weitere Informationen zur Automotive Hall of Fame finden Sie hier.
Fotos: Daimler AG
Geschrieben von Maik Jürß
Erschienen am Freitag, den 29. Juli 2016 um 00:05 Uhr | 3.512 Besuche
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