Okt02
2010


10 Jahre Mercedes-Welt am Salzufer

In diesen Tagen feiert die Mercedes-Welt am Berliner Salzufer ihren zehnten Geburtstag – Grund genug für uns, einen Blick zurück auf die Anfänge von Mercedes-Benz an der Spree zu werfen. Die Mercedes-Benz Niederlassung Berlin ist eine von 34 herstellereigenen Niederlassungen in Deutschland und für den Vertrieb und Service der Marken Mercedes-Benz, smart und Maybach in Berlin zuständig. In den insgesamt 11 Standorten der Niederlassung sind über 1.300 Mitarbeiter beschäftigt, damit zählt das Stuttgarter Weltunternehmen zu einem der größten Arbeitgebern der Stadt. Mit der zentral gelegenden Mercedes-Welt am Salzufer verfügt die größte und umsatzstärkste Niederlassung des ältesten Automobilherstellers der Welt über einen Standort, an dem das Konzept des kombinierten Autohauses, des Marken- und Eventcenters erstmals erfolgreich umgesetzt wurde. Denn längst werden hier nicht mehr nur Autos verkauft und repariert: Das Herzstück der Niederlassung Berlin hat sich mit rund einer Million Besuchern und rund 200 Events jährlich zu einem kulturellen und gesellschaftlichen Treffpunkt der deutschen Hauptstadt entwickelt.

Die traditionellen Verbindungen der [intlink id=“1905″ type=“page“]einstigen Daimler-Benz[/intlink] und heutigen Daimler AG mit Berlin sind älter als das Automobil selbst. Bereits 1902, sieben Jahre bevor Daimler seine erste Berliner Niederlassung eröffnet, produziert die Daimler-Motoren-Gesellschaft bereits in [intlink id=“1690″ type=“post“]Marienfelde[/intlink]. In diesem Jahr übernimmt die DMG die in Marienfelde ansässige und bereits 1898 in erster Linie nach Daimler-Lizenzen fertigende Motorfahrzeug- und Motorenfabrik Berlin (MMB), die daraufhin zur DMG-Zweigniederlassung wird. Das daraus entstandene Motoren- und Komponentenwerk Berlin-Marienfelde, was 1962 endgültig in den Produktionsverbund der Daimler-Benz-Werke einbezogen wird, ist heute ein wesentlicher Bestandteil für die Motorenproduktion der Fahrzeuge des Daimler-Konzerns und gehört mit rund 3.000 Beschäftigten zu den größten industriellen Arbeitgebern in Berlin. Seit 1997 entsteht hier der smart-Benzinmotor, 2005 startet hier die Produktion der V6- und V8-Dieselmotoren, zwei Jahre später die der BlueTEC-Varianten des V6-Diesels.

Werk Berlin-Marienfelde im Jahre 1933

Werk Berlin-Marienfelde – Bau 40, 1983

Darüber hinaus kommen die V12-Biturbo-Motoren für Mercedes-Benz und Maybach aus Berlin-Marienfelde. In naher Zukunft wird das Werk eine weitere Schlüsseltechnologie in sein Produktionsportfolio aufnehmen: Das Mercedes-Benz Werk in Berlin soll ab 2012 eine neue Generation von [intlink id=“1690″ type=“post“]getriebe-integrierten Elektromotoren[/intlink] für Hybrid-Fahrzeuge produzieren. Die Wahl des Berliner Standortes ist aber kein Zufall. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wird der Elektromotor als Alternative zum Verbrennungsmotor gehandelt. Die MMB stellt bereits 1898 ihr erstes Elektrofahrzeug vor. Partner des Projekts ist die US-amerikanische Columbia Electric Company in Connecticut, die noch bis 1918 Elektroautos baut. Der Lizenzvertrag mit dem Berliner Werk, das aus der Firma Altmann & Cie. GmbH hervorgeht, wird bereits 1897 unterzeichnet. 1899 bietet die Motorfahrzeug- und Motorenfabrik Berlin-Marienfelde auf der Basis des amerikanischen Patents vier verschiedene Personenwagen an.

Mit der schnellen Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors vermochte das Elektromobil jedoch nicht mitzuhalten und so wird die Produktion in Berlin-Marienfelde bereits 1902 wieder eingestellt. Nach der Übernahme der MMB beginnt die Daimler-Motoren-Gesellschaft mit der Fertigung von Automobilen in Marienfelde. Für kurze Zeit werden vor allem [intlink id=“1812″ type=“post“]Transporter für das aufkommende Nutzwagensegment[/intlink] in Marienfelde gebaut, aber ab 1905 spezialisiert sich das Werk auf den Bau von Lkw und Bussen.

Privatfahrzeuge waren zur damaligen Zeit noch eine absolute Seltenheit und Luxus pur. 1902 wird in Berlin auf Rudolph Hertzog, Besitzer eines gleichnamigen Textilhauses, das erste Automobil zugelassen: ein Daimler Kraftwaren, der das amtliche Kennzeichen IA-1 erhält. Zu dieser liegt der Verkauf der Mercedes – wie auch der Benz-Automobile – noch ganz in den Händen von selbstständigen Vertretern, prominentestes Beispiel ist der damals in Nizza residierende österreichische Geschäftsmann Emil Jellinek, der „Vater“ des [intlink id=“1666″ type=“post“]Markennamens Mercédès[/intlink]. Die DMG, die sich in diesem Jahr das angemeldete Warenzeichen Mercédès patentamtlich schützen lässt, gründet mehrere Verkaufs-und Service-Büros in der Stadt. Auch die Benz & Cie. Rheinische Gasmotorenfabrik AG Mannheim, damals noch größter Konkurrent Daimlers auf dem gerade aufblühenden Kraftwagenmarkt, eröffnet Büros in der in der Königsrätzer Straße und der Kronenstraße.

Vor hundert Jahren herrscht noch nicht viel Verkehr an der Spree. Droschken, Fuhrwerke mit „Haferantrieb“ und ein paar Kraftwagen oder Zweiradfahrer teilen sich die Straßen. Wer längere Strecken zurückzulegen hat, nimmt die Straßenbahn – „Elektrische“ genannt, einen der immer zahlreicher verkehrenden Busse oder die S- und U-Bahn, deren Netz in dieser Zeit stark wächst. Autos sind zu jener Zeit absoluter Luxus, sie kosten 10.000 bis 20.000 Reichsmark (ein Facharbeiter verdient zu dieser Zeit etwa 150 Mark im Monat!). Dennoch zählt Berlin mit seinen angrenzenden Städten wie zum Beispiel dem reichen Charlottenburg, mit 6500 Fahrzeugen bereits zu den am stärksten motorisierten Regionen Deutschlands. In Berlin selber werden etwa 3500 Kraftwagen gezählt, von denen 2700 Personenwagen sind. Als in den Jahren 1906 und 1907 der Absatz von Automobilen aufgrund der kriselnden Weltwirtschaft sinkt, setzt die DMG auf eine eigene Vertriebsorganisation, um auf das Marktgeschehen unabhängig reagieren zu können. Bei Benz & Cie. in Mannheim führen ähnliche Gründe fast zeitgleich zur Gründung eines eigenen Niederlassungsnetzes.

Unter den Linden 78

Der 1. Januar 1909 ist das offizielle Gründungsdatum der Niederlassung Berlin der Daimler Motoren Gesellschaft, an diesem Tag wird die Mercedes-Automobilgesellschaft des selbstständigen Vertreters Max Wild in unmittelbarer Nähe des Brandenburger Tores Unter den Linden 76 am Pariser Platz zum ersten firmeneigenen Verkaufsbüro der DMG. Wild wird Leiter des Büros, das eine Reparaturwerkstatt in der Jagowstraße und Ausstellungsräume im Restaurant Rudolf Dressel Unter den Linden 78 betreut. Der Vertrieb der Fahrzeuge erfolgt nun sowohl über die unternehmenseigenen Niederlassungen als auch über unabhängige Vertreter und Händler. Dieses System stellt sicher, dass alle Automobilkunden – auch außerhalb der großen Städte – erreicht werden können und ein flächendeckendes Service-Netz verfügbar ist. Im gleichen Jahr entstehen noch DMG-Niederlassungen in Frankfurt, Dresden, Düsseldorf und Hamburg. Weltweit verfügt die DMG bereits fünf Jahre später über rund 70 Verkaufsstellen und Vertretungen unter anderem in New York, London, Kairo, St. Petersburg oder Bangkok.

Der Mercedes-Haus entwickelt sich schnell zum angesehenen Treffpunkt in Berlins Mitte

Vier Jahre nach Gründung der Niederlassung, die mehr oder weniger still besiegelt wurde, wird bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft dann groß gefeiert. Um der zunehmenden Konkurrenz vor allem aus dem Ausland gegenüberzutreten, eröffnet Daimler am 30. September 1913 eine Repräsentanz mit Ausstellungssalon an einer der besten Adressen Berlins, das Mercedes-Hauses Unter den Linden 50-52. Kaiser Wilhelm II. zeigt sich tief beeindruckt von den Erfindungen der Daimler-Motoren-Gesellschaft, besitzt selber zahlreiche Mercedes-Automobile und bittet die Stuttgarter um eine Repräsentanz in der Reichshauptstadt. Auf seine Anregung hin entscheidet sich Paul Daimler, Sohn von Firmengründers Gottlieb Daimler, für den Prachtboulevard als Standort und so lässt sich das Stuttgarter Unternehmen 1912-13 von den Architekten Alfred Klingenberg und Fritz Beyer in neoklassizistischem Stil das Mercedes-Haus als Repräsentanz in der Reichshauptstadt errichten. Hier wird u.a. der erste Lastenfahrstuhl Berlins installiert, um die Wagen auf die Verkaufs- und Ausstellungsetage transportieren zu können.

Ausstellungsraum im Mercedes-Haus (1913)

Das ehemalige Mercedes-Haus Anfang der 1980er Jahre

Im Erdgeschoss errichtet Daimler prunkvolle Salons für das Restaurant Robert Dressel – der „Mercedes-Palast“, wie er schnell von den Berliner genannt wird, wird zum Treffpunkt der Gesellschaft der Hauptstadt. Als eines der wenigen Gebäude an Berlins Prachtboulevard, die den Zweiten Weltkrieg und die sozialistische „Städteplanung“ überstanden haben, ist es mit der Hausnummer 28-30, bedingt durch die Umnummerierung der Straße in den 1930er Jahren, heute Teil der 2008 eröffneten „Kaiserhöfe“. Kurz nach der Fusion zur Daimler-Benz AG wird das Haus von Daimler-Benz verkauft, Verkaufs- und Ausstellungsräume werden noch bis 1935 angemietet, ehe der Standort komplett aufgegeben wird. Erst 74 Jahre später wird der Stern wieder zu den „Linden“ zurückfinden: 2009 eröffnet Mercedes-Benz eine Niederlassung auf Berlins altem und neuen Boulevard. Im Neubaukomplex „Upper Eastside Berlin“ Unter den Linden 14 entsteht die „Mercedes-Benz Gallery“.

Das Mercedes-Haus einst und heute (Foto: http://www.kaiserhoefe-unterdenlinden.de/)

Die Geschichte des heutigen Standortes am Salzufer beginnt kurze Zeit nach der Eröffnung des Mercedes-Hauses, als die Benz & Cie. Rheinische Automibil- und Motorengesellschaft Mannheim 1915 das bebaute Grundstück Salzufer 2, 2a und 3 von Siemens und Halske erwirbt. Schon ein Jahr später verfügt Benz & Cie. an dieser Stelle über eine der größten und modernsten Automobilreparaturwerkstätten der damaligen Zeit in Berlin. 1917 wird diese Benz-Werkstätten GmbH Berlin Zweigniederlassung Berlin der Benz & Cie.

Werkstättengebäude der Mercedes-Fahrradwerke, um 1923/24

Der für Deutschland verlorene Krieg hinterläßt ein politisch und wirtschaftlich völlig verändertes und von Krisen geschütteltes Land. Mercedes baut in Berlin für ein paar Jahre sogar Fahrräder, Benz bei der in Berlin ansässigen Benz-Sendling AG auch Motorpflüge, die ein wichtiger Entwicklungsträger für den Dieselmotor sind. 1922 verlegt die DMG ihren Firmensitz von Untertürkheim nach Berlin. Als am 29. Juni 1926 die beiden einstigen Konkurrenten [intlink id=“1905″ type=“page“]Daimler und Benz zur Daimler-Benz AG fusionieren[/intlink], wird am Salzufer erstmals der Schriftzug Mercedes-Benz montiert. Unter diesem Namen wird Daimler-Benz ab sofort seine Fahrzeuge anbieten. Ein Jahr später wird der ehemalige Benz-Betrieb, der Verkaufs-und Servicestützpunkt am Salzufer, offiziell die Hauptniederlassung der Daimler-Benz AG Berlin.

Mercedes-Benz entwickelt sich zunehmend zur Prestigemarke, prägt vor allem in den dreißiger Jahren den Motorsport und erobert mit dem Dieselmotor nicht zuletzt den Nutzfahrzeugmarkt. Die Niederlassung Berlin ist groß wie nie zuvor und bestens im Geschäft, so dass 1934 die Nachbargrundstücke Salzufer 4 und Gutenbergstraße 5-6 erworben und das Geschäft am Salzufer weiter ausgebaut wird. Drei Jahre später eröffnet ein Ausstellungsraum am Kurfürstendamm 26a Ecke Fasanenstraße. 1938 wird der Sitz der Daimler-Benz AG zurück nach Stuttgart verlegt.

Niederlassung Berlin-Charlottenburg. Verkaufsstelle Jagowstraße

Seite 2: Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg

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Geschrieben von Oliver Hartwich
Erschienen am Samstag, den 02. Oktober 2010 um 21:42 Uhr  |  30.344 Besuche

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